Das ist es, was du Leben nennst?
Die Sonne geht auf. Du schläfst.
Irgendwann öffnest du schwer deine Augen.
Ihr Glanz ist verloren gegangen.
In deinen Augen sehe ich kein Feuer mehr brennen.
Wenn ich hineinschaue sehe ich Leere.
Ich suchte viele Tage in ihnen nach dir.
Nach dem, den ich liebte.
Ich erkannte zu spät, daß du schwach warst,
verloren wie ein Kind ohne Eltern.
Das deine vermeintliche Stärke sich an mir nährte.
Ich war deine Energie, dein Blut im Kreislauf,
das dich am Leben hielt.
Ich erkannte, wenn es dunkel um uns wurde,
wie das Tier in dir erwachte.
Ich erkannte zu spät, daß dieses Tier nur ein Ziel verfolgt : Vernichtung.
Als ich dich das erste Mal sah, brannte Leidenschaft in dir.
Ich deutete es "falsch".
Ich interpretierte Leidenschaft FÜR dich. FÜR dein Leben.
Erkannte viel zu spät, das dein Feuer GEGEN
vieles in deinem DaSein brannte.
Einschliesslich GEGEN DICH selbst.
Gegen mich.
Gegen alle und alles.
Ich saß Stunden neben dir.
Lag Nächte neben dir.
Hörte deine Worte, die vieles ver-sprachen.
Nichts hielten und noch mehr vernichteten.
Ich wollte Glauben.
Ich wollte Vertrauen.
Ich wollte mit dir sein.
Dein : "WIR gegen den REST der WELT".
Viel zu spät erkannte ich, daß es gar kein WIR gab.
Es gab nur dich.
Es gab nur Überwachung.Kontrolle.Ängste.Wahnsinn.Gewalt.
Es gab diese Hilflosigkeit.
Diese tiefe Trauer.
Dieses elende Leid.
Du erhebst Einspruch.
Ich höre dich.
Und du hast Grund dazu.
Ich wollte das du mein Beschützer bist.
Mein Held. Mein Retter. Meine Erlösung.
Ich erkannte zu spät, daß ich zu passiv und zu still forderte.
Etwas forderte, was du noch nicht geben kannst.
Ich erkannte zu spät, daß ich erst meinen Weg allein gehen muss.
Ich mich selbst lösen muss von alten Geschichten und Mustern.
Vom unedlichem Schmerz der Zerrissenheit.
Von der Einsamkeit, vom Verlust, vom Fall in diese endlose Tiefe.
Wie sollen sich 2 Ertrinkende retten?
Wie soll ich mich um meine Wunden kümmern,
wenn ich sehe, daß auch deine noch bluten?
Sehe in dein schmerzverzehrtes Gesicht.
Wie du hilflos mit dir ringst?
Ich empfinde Schuld und Scham.
Ich erkenne, wie das Tier in mir erwacht,
wenn sich die Schlinge um meinen Hals zuzieht.
Wenn du forderst, was ich nicht erfüllen kann.
Wenn du mich zwingst hinzuschauen,
wo ich noch nicht hinschauen kann.
Leben ? Niemand hat mir gezeigt wie man lebt.
Leben? Auch DU hast mir nicht gezeigt, was Leben bedeutet.
Auch wenn ich noch nicht weiß,
was Leben wirklich und wahrhaftig IST,
erkenne ich, daß das was du Leben nennst,
für mich nicht lebenswert ist.
Ich wähle ein offenes und freies Herz.
Ich wähle Vertrauen.
Ich wähle, mich fallen zu lassen,
frei wie ein Kind.
Hingebend den Winden.
Folgend dem fluss des Wasser.
Verankert auf der Erde
und brennend FÜR mich und mein Leben.
Ich liebe dich Vater.
Ich liebe dich Bruder
Ich liebe dich Mensch <3
Es schrieb eine zweif-elnde Sabine